Die Unterströmungen des Tourismus

EXIT

 

Eine Art „In-zwanzig-Minuten-um-die-Welt-und-rechtzeitig-zum-Tee-zurück“ - Film. Erst im Zusammenspiel mit dem Ton wird der Tee so heiß, dass die Kanne springen könnte. Zur gleichen Zeit handelt der Film auch von seiner Autorin, die aus einem kleinen Binnenland stammt, dass sich vom übrigen Europa nur insofern unterscheidet, dass es nie ein Kolonialimperium in Übersee unterhielt. Und doch finden sich auch hier imperiale Attitüden und deren Nachklänge. déja vu ist ein Film über uns und zugleich eine Einladung, zwischen den Paradigmen hindurchzusegeln, und wie bei allen guten Reisegeschichten bleibt die Erinnerung haften.

 

Traveller’s Tales (2003) ist im Vergleich dazu minimalistisch. Anstatt touristische Bilder teilweise zu untergraben, befasst es sich mit der professionellen Seite der kulturellen Konstruktion - dem dokumentarischen Filmemachen. Christian Höller (2003) beschreibt die Videoarbeit: „Von der Mobilität des Bildermachens zu diskursiven Mobilitätsbildern: Tim Sharps Videoarbeit Traveller’s Tales geht dieser Bewegung nicht bloß thematisch nach, sondern demonstriert diesen Übergang in Form komplexer Montageakte.

 

Traveller‘s Tales knüpft ein dichtes diskursives Netz rund um den Zusammenhang von Bildern, Reise, Migration und Nomadismus, ausgehend von den losen Enden gefundenen Filmmaterials. Letzteres besteht aus ganzen eineinhalb Minuten ‚Abfall‘ einer deutschsprachigen Dokumentarfilmproduktion, die um das Jahr 1970 unter dem Arbeitstitel ‚Tuareg‘ entstanden sein dürfte. Aus den Out-takes hat Sharp einzelne Motive, meist statische Aufnahmen simpler Vorgänge oder Posen, extrahiert, geloopt und neu arrangiert. Allein aus diesem Herauspräparieren des Ausgesparten wird der Konstruktionscharakter dokumentarischer Wirklichkeit ersichtlich - etwa wenn ein verhüllter Tuareg (bzw. dessen Darsteller) wiederholt sein Gewehr durchlädt oder ein anderer endlos mit der Waffe posiert, als seien Zeit und Geschichte im Filmbild vollends suspendiert. Ergänzt wird diese Vivisektion ethnografischen Rohmaterials durch die Tonspur, die immer wieder einzelne Geräuschspuren aus dem Soundambiente hervorhebt und Musikfetzen einstreut, während Anfang und Ende durch das Ticken bzw. Schlagen einer Uhr gerahmt sind.