déjà vu

EXIT

 

Auch wenn man eine Sprache unter den allerglücklichsten Bedingungen erlernt, bedarf es mehr als nur flüssigen Sprechens, um sich ausdrücken zu können. Man muss auch in der Sprache denken lernen. Bis das soweit ist, liegen Teile der eigenen Identität brach, und etwas geht bei jeder Übersetzung ohnehin verloren. Die Begriffe unterschiedlicher Kulturen lassen sich vielleicht annähern, doch liegen dem Verstehen permanent kulturelle Stolpersteine im Wege. Wer daran Zweifel hegt, halte sich an Robert M. Laughlins aufschlussreiche und unterhaltsame Monografie. Hier heißt es: „Das ritualisierte Sprechen in Zinacantán (in Chiapas, Mexiko) verwendet Couplets, die ähnlich und unähnlich lautende Ausdrücke verbinden. Ihre Bedeutung bleibt oft unklar für diejenigen, die mit der Kultur nicht vertraut sind.“

 

Als Beispiele führt er an: „auf den Berggipfel gelangen, auf den Hügel gelangen“, was soviel heißt wie „sterben und begraben werden“, oder: „das scheinbar Gute, das Teuflische“, eine Umschreibung für „Hexe“. Poetische Feinheiten dieser Art spielen natürlich keine Rolle für Leute, deren Geschäfte das Geschäftemachen oder die Verwaltung sind. Sie verlassen sich bei ihrer Arbeit lieber auf die Grammatik des Gehorsams.

 

Eine solche Haltung schließt ein persönliches oder professionelles Interesse an Kultur und Sprache nicht aus. Man denke nur an die Anthropologen, die unsere Weltsicht als „objektiv“ wissenschaftlichen Standpunkt ausgeben - ungeachtet der politischen und wirtschaftlichen Aspekte, welche die Verflechtung unserer Gesellschaften mit den untersuchten Kulturen prägen. Wer das anthropologische Interesse für freundlich und aufrichtig hält, dem sei verziehen, denn er befindet sich im Irrtum. Historisch gilt, was James Clifford über die anthropologische Feldforschung gesagt hat, dass nämlich „überall auf der Welt die ‚Eingeborenen‘ auf die harte Tour lernen mussten, keine Weißen zu töten. Zu hoch waren die Kosten, die häufig in einer Strafexpedition gegen Eure Leute bestanden. Die meisten Anthropologen, das gilt vor allem für die Epoche Malinowskis, kamen in ihre ‚Forschungsgebiete‘, nachdem ein Kapitel dieser blutigen Geschichte abgeschlossen war. Gewiss, einige wagemutige Forscher tasteten sich auch in nicht befriedete Gebiete vor, gerieten aber genau deshalb in die Auseinandersetzungen und Befriedungsprozesse hinein.“ Die Macht der Nationalstaaten nimmt ab und der Tourist wird zum Fußsoldaten der postkolonialen Ära.

 

Es lohnt sich auf die physische Umgebung, in der man den Film sieht, hinzuweisen, sowie auf das Verhältnis zwischen dieser Umgebung und dem, was auf der Leinwand geschieht oder durch die Lautsprecher kommt. Wir sind (willentlich) Gefangene der flimmernden Bilder, der Ton aber macht uns zu Subjekten des Kolonialismus.