Die Theorie hatte gegen Ende des 20. Jahrhunderts oftmals Schwierigkeiten mit der Unbändigkeit fotografischer Abbildungen und
versuchte wiederholt zu beweisen, dass Bilder die Welt in keiner Weise direkter
repräsentieren als Sprache. Die Populärkultur jedoch kennt den Unterschied. Sie weiß um die Dominanz des Auges und den Einsatz von
Fotografie, Film und Video und sie erkennt implizit, dass Bilder, die einer linearen Perspektive unterliegen, direkter funktionieren als Sprache. Auch
wenn Bilder immer weniger mit der Realität zu tun haben, beinahe gänzlich frei erfunden sein können, so sind sie doch immer noch unvermittelter
als Worte, sogar wenn sie eine völlig fiktive Realität widerspiegeln. Das Problem dabei ist, dass Bilder - besonders Fotografien - immer einen
Kontext benötigen. Die Lösung war immer, die Bilder in Worte einzubetten. Bildunterschriften in Zeitschriften und Familienalben, Zwischentitel
in Filmen (sowohl vor als auch nach der Erfindung des Tonfilms), die Erzählstimme des Dokumentarfilms oder der NachrichtensprecherInnen verbinden
chronologisch unzusammenhängende visuelle Fragmente zu kohärenten Geschichten. Sie sagen uns, was und wie wir die Bilder wahrnehmen sollen.
Nur wenn wir sehr aufmerksam sind bemerken wir all die Diskrepanzen,
Widersprüche und Manipulationen, die zwischen Bild und Text liegen. Oft besteht die Funktion der Untertitelung (auf Englisch caption)
gar nicht so sehr darin, das Bild selber zu unterstützen, sondern ein Bild heraufzubeschwören, das das eigentliche Bild repräsentieren
soll. In vielen Fällen ist das eine politische Angelegenheit. |
|
|
Die Fähigkeit dieser Wort-Bild-Verbindung, imperialistische und rassistische Ansichten
zu transportieren, wurde schon sehr früh erkannt: sowohl von kommerziellen Fotografen, die erotische
und exotische Postkartenmotive zur kommerziellen Verbreitung herstellten, wie auch von jenen, die für die Erziehung
im Sinne der imperialistischen Kolonialmacht zuständig waren. |