Traveller’s Tales

EXIT

 

Ich ging im Norden Schottlands zur Schule und finde es bezeichnend, dass ich von Marco Polo gehört hatte bevor ich zehn war, von Ibn Battuta aber erst fünfundvierzig Jahre später erfuhr, obwohl er als der „vielleicht größte Reisende der vormodernen Zeit“ bezeichnet wurde. Wenn man die Berichte liest fällt einem die grundlegend unterschiedliche Haltung auf. Marco Polo ist ein Fremder in noch fremderen Ländern, er reist mit der Absicht Preise für Waren festzulegen und Aufzeichnungen über die Sicherheit der Handelsrouten zu machen. Ibn Battuta dagegen, ursprünglich motiviert durch seinen Wunsch eine Pilgerreise nach Mekka zu unternehmen, verbringt den Großteil seiner Zeit in seiner eigenen, islamischen Kultur, die sich von seiner Heimat bis nach China und zurück erstreckt, und die den Reisenden oft durch traditionelle Gastfreundschaft und mit Geschenken versorgt.

 

 

008

Das Filmmaterial wurde nicht gebraucht, Überschussmaterial zum Entsorgen, Out-Takes; das demontierte Gerüst eines Dokumentarfilms im Werden. Möglicherweise wollten die Filmemacher die Realität der Tuareg wiedergeben, aber ihre Arbeitsweise verwandelte die Tuareg in Schauspieler, die auf ihren Einsatz warten, um „typische“ Tuareg-Dinge auf ästhetisch akzeptable Art zu erledigen. Es ist interessant, dass dieses restliche Material, ob man will oder nicht, zu einer Dokumentation der Dokumentation wird, eine hinter-der-Kulisse Rolle annimmt, die einen anderen Film impliziert. Während diese neue Bearbeitung die Konstruktion einer dokumentarischen Realität enthüllt, zeigt sie gleichzeitig viele der Charakteristika des ursprünglichen Materials, visuelle wie auch kulturelle, auf. Es ist unmöglich, ein Bild völlig von seinem Ursprung zu trennen; es kann nur in einen anderen Kontext gestellt werden und seit Heisenberg sein Prinzip der Unschärfenrelation vorlegte, gilt die Annahme, dass so etwas wie ein unvoreingenommener Blick nicht existiert. Der neutrale oder objektive Beobachtungsposten existiert in dieser Wüste nicht.

 

009

Tuareg IV, Tag/Außen. Die Filmklappe benennt den Himmel und die Wüste, aber es gibt kein Schriftzeichen für die Person. Klack. Die Klappe verschwindet in einer Wolke von Kreidestaub, ein Echo der klimatischen Bedingungen in dieser semi-trockenen Wüste. Da ist er, auf einem Kamel sitzend als würde er seit jeher dort warten. Und das hat er. Seit Jahren wartet er auf seinem Kamel in einer Blechdose. Er wartet darauf, dass die Klappe aus dem Bild verschwindet. Er wartet auf das Signal sich aus dem Off in Bewegung zu setzen.