Eine Frau steht alleine an der Reling eines Passagierschiffes und blickt in die blaue Ferne. Sie wird sich für uns erinnern, an
eine Ankunft in New York, an den Spaziergang eines jungen Paares durch Chinatown, an die Hausboote in Shanghai und die aufgeregten Kinder, die sich um
die Besucherin mit der obskuren Bildmaschine scharen. Unter diesen Bildern liegen ferne Reisetöne, und parallel dazu entspinnt sich eine Montage
verschiedenster Menschen, die einmal - unfreiwillig - aus Wien weggingen oder irgendwann hier ankamen. (...)
Lisl Ponger erzeugt eine imaginäre Karte des zwanzigsten Jahrhunderts, auf der sich Emigrationsgeschichten wie Dauerspuren eines
abendländischen Gedächtnisses eintragen. Die Bilder der aufmerksamen Vergnügungs-Reisenden erweisen sich in ihrem Spannungsverhältnis
zum Ton als postkoloniale Ausflüge durch eben diese Länder, die zeitlich wie räumlich längst kurzgeschlossen wurden. Nicht zuletzt
die wunderschönen Leuchtschriften Hotel Edison und Radio City erinnern an den Ursprung dieser Form der Aneignung der Welt, an die Zeit der großen
Expeditionen, der Benjaminschen Schaufenster und Passagen, an die Zeit, als technische Medien und Transportmittel die Wahrnehmung des modernen Menschen
grundlegend veränderten.
Christa Blümlinger, 1996 |
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