Im Fall von Papua Neuguinea wusste man wenig bis nichts über die Beschaffenheit des Terrains oder die Menschen, die dort lebten.
Im Fall von Äthiopien wusste man so wenig (oder das Bedürfnis war so groß), dass es ein Auffangbecken für Wünsche, entsprungen
aus Hoffnung und Verzweiflung, war. Das Bedürfnis Ziele zu idealisieren, teils um die Motivation, sie zu erreichen überhaupt erst zu erzeugen,
ist legitim, notwendig und sehr menschlich, aber es gibt einen Punkt in dem Kontinuum, an dem noch zu rechtfertigender Optimismus beginnt, in direkt
proportionalem Verhältnis zu den übertriebenen Wünschen imaginäre Geographien zu erschaffen. |
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Das ist das souveräne Territorium von Shangri-La und es hat sein Gegenstück in dem Territorium, das sich durch übertriebene Ängste
abgrenzt, ein Land von Ethnozentrismus und Rassismus.
Viele westliche Shangri-Las befinden sich im Süden und ob sie in den Tropen liegen oder einfach schwer zugänglich sind, sie
sind Länder der Phantasie. In ihnen ist das Leben weniger komplex, es existiert weniger (so genannte) Zivilisation- aber häufig nicht weniger
Komfort -sie haben eine strengere, soziale Ordnung und tiefer verwurzelte Traditionen. Manchmal enthalten diese Shangri-Las reaktionäre Elemente - eine
Sehnsucht nach der Vergangenheit, nach einem aufgeklärten goldenen Zeitalter, das so nie existierte. Solche Aspekte finden sich beispielsweise in
Gauguins Erkundungen der Südsee: “... Tahiti war 1890 tatsächlich ein Ort, der beinahe gänzlich mit seiner alten Religion gebrochen
hatte und Gaugins Informationsquelle waren nicht die Tahitianer, sondern Berichte, die ein Jahrhundert zuvor von europäischen Reisenden veröffentlicht
worden waren. Die Geschichten, die Gaugin in Noa Noa erzählt, entstammten, wie der Kunsthistoriker Nicholas Wadley aufzeigt, wortwörtlich
einem Buch,
das 1837 in Paris veröffentlicht wurde.“
Shangri-La ist nur eine von vielen gefährlichen Visionen, die utopische Bedingungen entwerfen. Häufig ist die Regierungsstruktur
dieser idealen Gesellschaften autoritär (ob aufgeklärt oder nicht); häufig, wie in El Dorado, sind es Länder, die das Versprechen
bergen, dass es wirklich Land gibt für die Landlosen, echten Reichtum für die Armen und Ruhe und Frieden für diejenigen, die hier und
jetzt um ihr Überleben kämpfen. Es sind unschuldige Vorstellungen, eine Odyssee auf der Suche nach Freiheit - sekulär und spirituell.
Die Geschichte zeigt aber, dass die Folgen dieser Projektionen, wenn sie aus dem Reich der Vorstellung in reale Territorien überwechseln, vorsätzlich
oder nicht, zu Genozid führen können. Das Shangri-La der einen Ethnie kann das Verderben einer anderen sein. |