Die Geschichte der Eugenik in den USA ist auch eine informative Quelle für Parallelitäten, die bei der Analyse bestimmter,
wichtiger Strukturen des kolonialen Gedankenguts nützlich
sind, auf welche Weise nämlich die Wissenschaft, ihre Methoden der Messung und Quantifizierung im Allgemeinen, ihre (inhärente) Neigung zur
Erstellung von Taxonomien um die Welt zu erkennen, für sozio-politische Zwecke gebraucht und missbraucht wurde.
Amerika war Ende des 19. Jahrhunderts
für viele europäische ImmigrantInnen aus dem Süden und Osten zum Ort ihrer Wahl geworden. Zur selben Zeit war das Land auch dabei die
Folgen der Sklavenbefreiung und der Politik des Völkermordes an den UreinwohnerInnen zu verarbeiten oder zu verleugnen. Auch wurden während
dieser Periode restriktive Arbeitsbestimmungen und -gesetze verabschiedet, die für die nächsten 30 Jahre aufrecht blieben, eine Folge des berühmten Pullman
Streiks im Jahr 1893. Das war auch die Zeit, in der man eingewanderten Arbeiterführern ihre amerikanische Staatsbürgerschaft entzog und
sie repatriierte. |
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Vor diesem Hintergrund wurde die durch und durch unwissenschaftliche, rassistische und der Idee der weißen Überlegenheit
anhängende Wissenschaft der Eugenik gefördert. Führende Köpfe
der Bewegung propagierten emphatisch den Standpunkt, dass die Amerikaner im Fall einer andauernden Immigration aus dem südlichen Europa „rasch
einen dunkleren Hautton und kleineren Körperbau entwickeln, launischer, mehr an Musik und Kunst interessiert [sein], eher zu kriminellen Handlungen
wie Diebstahl, Kidnapping, tätlichen Angriffen, Mord, Vergewaltigung und sexuell
amoralischem Verhalten tendieren [würden].“
Dazu kamen weitere Behauptungen. Madison Grant, ein typisches Beispiel für einen Eugeniker,
schrieb: „Die Kreuzung zwischen einem Weißen und einem Indianer ist ein Indianer; die Kreuzung zwischen einem Weißen und einem Neger ist
ein Neger; die Kreuzung zwischen einem Weißen und einem Hindu ist ein Hindu; und die Kreuzung zwischen jeder beliebigen der drei europäischen
Rassen mit einem Juden ist ein Jude.“
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