Sich ein Bild von der Realität machen

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Unsere Arbeit besteht hauptsächlich aus mechanisch reproduzierten (und reproduzierbaren) Bildern - Filmen, Fotografien und Videos - und wenn es auch nicht wichtig ist zwischen ihnen zu unterscheiden, so treffen doch folgende allgemeine Bemerkungen auf sie alle zu.
 
 

Von Beginn an wurde der Fotografie ein Realitätsquotient zugeschrieben, den die Malerei niemals besaß. Obwohl viele Gemälde mit direkter und indirekter Hilfe fotografischer Techniken konstruiert wurden, bleibt immer noch ein Unterschied in der Realitätswahrnehmung bestehen.
 
 

Die gängige Definition von Fotografie basiert auf der Fähigkeit der Kamera, das aufnehmen zu können, was sich vor ihrer Optik befindet, und so als mechanisches Auge zu fungieren. Das wiederum verleiht Fotografie eine nicht berechtigte wissenschaftliche Objektivität, befähigt sie aber dennoch zur Beweisaufnahme und zur Bewertung von Realität, basierend auf der fotografischen Präzision. Die Beschreibung der Zambesi-Expedition von Livingston ist ein frühes Beispiel für das janusköpfige Antlitz der Fotografie. Er verwendete ein Foto der Kebrabasa-Wasserfälle als Beweis dafür, dort gewesen zu sein, und behauptete, dass die Fälle schiffbar wären (was nicht stimmte), um Unterstützung für den Kauf eines Dampfschiffs zu bekommen.
 
 

Obwohl die Gleichung Auge-Kamera natürlich einer gewissen technischen Übereinstimmung entspricht ist es immer das geistige Auge, das sieht. Rein sensorisch betrachtet wird beim Sehen Information durch das Auge, bewusst wie auch unbewusst, in eine andere Datenform umgewandelt, die vom Gehirn verarbeitet wird. Das Ergebnis ist also eine Montage. Anders gesagt, ist das Auge einfach ein Sensor und der menschliche Geist ein Relevanz-Filter.

 

Man sollte das Bild, das auf der Netzhaut entsteht (das retinale Bild) nicht mit der Wahrnehmung selbst verwechseln, da nicht das Auge „wahrnimmt“, sondern das Ich. Das, was unter solchen Bedingungen gesehen wird, ist ein konstruiertes Dokument, das eine bestimmte kulturelle Wirklichkeit darstellt und auch nur in diesem Zusammenhang gelesen werden kann.